Wiprecht von Groitzsch
(Dieter Wolf)

Das in dritter und erweiterter Auflage 2010 erschienene Buch beinhaltet eine Untersuchung zur Entstehung von Gefolgschaftsverhältnissen zur Zeit des Investiturstreites‚ des weiteren wird die Herausbildung des Hochadels im 11. Jahrhundert anschaulich dargestellt. Alexander Blöthner‚ Jahrgang 1974‚ absolvierte in Jena ein »Studium Generale« mit Schwerpunkt Geschichte‚ er ist tätig als Historiker und Zukunftsberater.
Blöthner betont in seiner Einleitung‚ Wiprecht von Groitzsch (1050–-1124) sei exemplarisch für sein Zeitalter. »In dieser Figur vereint sich das ganze Repertoire der scheinbaren Widersprüche‚ mit welchen die Nachwelt das Hochmittelalter beurteilt. Wiprechts Taten schwanken zwischen skrupelloser Gewalt und Reue‚ zwischen Buße und Pragmatismus‚ zwischen Kirchenschenkungen und Eigennutz hin und her.«(S. 7). Blöthner untersucht das Verhältnis Wiprechts zu den Premysliden‚ zu Kaiser Heinrich IV. und Kaiser Heinrich V. sowie zu König Lothar III. Wiprecht von Groitzsch war Markgraf von Meißen seit 1123. Er wurde um 1050 geboren und starb am 22. 5 1124. Er stammte aus der Altmark. Etwa ab 1080 schuf er als Parteigänger Kaiser Heinrichs IV. bis um 1100 eine bedeutende Herrschaft zwischen Saale und Elbe‚ darunter die Burg Groitzsch. Um 1084 wurde er Graf und 1123 mit der Mark Meißen und der Nordmark (Niederlausitz) belehnt. Er starb als Mönch in dem von ihm 1092 gegründeten Benediktinerklosters in Pegau. In der nordwestsächsischen Stadt Groitzsch an der Weißen Elster befinden sich die Reste der Wiprechtsburg‚ ab 933 war sie eine deutsche Burg und zudem Grafschaftsmittelpunkt. 1214 erhielt Groitzsch das Stadtrecht.
Blöthners Buch trägt zweifellos dazu bei‚ die Umbruchszeit des 11. Jahrhunderts besser verstehen zu können‚ der Wandel machte auch vor der Adelshierarchie nicht halt. An der Gestalt des Wiprecht von Groitzsch wird dies in klassischer Weise deutlich: »Um auch in Gebieten ohne Königsbesitz Herrschaft auszuüben‚ ergab sich für das Königtum die Alternative‚ durch verstärkte Heranziehung von unfreien Dienstleuten eine Art parallele Gefolgschaftsstruktur aufzubauen […] Folge davon war‚ daß sich die alteingesessenen Geschlechter mit den Emporkömmlingen die Gunst des Königs teilen mußten. Viele dieser Etablierten begaben sich daraufhin in Opposition zum Königtum.« (S. 137). Hieraus erklärt sich der Aufstieg Wiprechts von Groitzsch. Heinrich IV. sah sich einer erstarkenden Adelsopposition gegenüber‚ daher suchte er Unterstützung. Blöthner resümiert: »Das Tragische am Niedergang der Wiprechtiner liegt darin‚ daß sie ausgerechnet zu einer Zeit ausstarben‚ als sich die Rechtslage in Sorabien so weit gefestigt hatte‚ daß einmal erworbene Besitztitel auch bei den Nachfahren seiner Träger verblieben.« (S. 140). Im Epilog kommt Blöthner zu folgendem Schluß: »Mit dem Tod Heinrichs von Groitzsch war auch die hoffnungsvolle Zukunft Pegaus und Groitzschs beendet. Groitzsch und Pegau als einstige »Hauptstädte Sorabiens« kamen im Schatten von Burg und Kloster nicht über den Kleinstadtstatus hinaus. Die Burg Groitzsch‚ wo einst Kaiser Heinrich IV: weilte‚ welche Heinrich V. mit Grimm belagern ließ‚ sollte nicht mehr lange Burgwardei bleiben.« (S. 140).
Das Buch von Alexander Blöthner ist die erste umfassende Darstellung der Biographie Wiprechts von Groitzsch und dessen Wirkungsgeschichte unter Berücksichtigung der Sozialgeschichte. Für eine 4. überarbeitete Auflage wäre es jedoch zweckdienlich‚ einige Druckfehler zu korrigieren. Für das tiefere Verständnis der Verhältnisse könnte möglicherweise eine umfassendere Bewertung kirchengeschichtlicher Ereignisse sinnvoll sein‚ gerade auch im Hinblick auf die Devotions-‚ Dankes-‚ Bitt-‚ Buß- und Strafwallfahrten sowie die ordnungspolitische Funktion der Klöster und Kirchenschenkungen. Dennoch dürfte dieses Buch nicht nur regional weiterhin auf Interesse stoßen‚ analysiert es doch sehr aufschlußreich in paradigmatischer Weise ein Stück Herrschaftsgeschichte des 11. und 12. Jahrhunderts.

Blöthner‚ Alexander: Wiprecht von Groitzsch und Kaiser Heinrich IV. 2010. 152 S. ISBN 978-3-926370-47-1 Arnshaugk Verlag Kt. 14‚80 €

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