Blaustrumpf & Hagestolz
(Uwe Haubenrei�er)

Es schnitzte Gott aus gleichem Holz
den Blaustrumpf und den Hagestolz.
Doch Schicksal will‚ daß jene Fromme
den hehren Helden nicht bekomme:
wonach sie still und heimlich schmachtet‚
hat dieser nämlich stets verachtet.

Sie‚ Knospe einst voll Jugendsaft‚
verwelkte in der Tugend-Haft
und sitzt seither allein im Kerker‚
dem trockenstraußumflorten Erker:
Dort pflegt sie bis zur Blödigkeit
des Mauerblümchens Sprödigkeit.

Er‚ hochgebildet‚ ganz Kultur‚
auch guten Wuchses und Statur‚
tagtäglich sieht man ihn flanieren‚
fernab von – Küchenherdentieren:
Ein König aus erlauchten Reichen
und Wolkenschloßherr sondergleichen.

Hier stakst er‚ steif und unnahbar
des Weges wie Freund Adebar –
sie schwebt im Trippelschritt entgegen.
Wird Amor seinen Bogen regen?
Gesenkten Blicks huscht sie vorbei.
Er tut‚ als ob sie gläsern sei.

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