Totenesche
(Uwe Nolte)

Einsam ragt sie in die Klage
Aller Traumhimmel verzweigt.
Stehen Tag und Nacht in Waage
Starrt sie‚ rankend aus der Sage
Räume in die Welt und schweigt.

Um sie Herbstfeuer nicht prasseln.
Nur Verwesung herrscht im Staub.
Wenn die Früchte nieder rasseln‚
Stören sie den Schlaf der Asseln
Kaum im schimmelfeuchten Laub.

Süße Faulgerüche schweben
Über Panzer von Chitin.
Einer Biene Flügel kleben
Starr vom Harz. Bald wird verweben
Duft auch diesen Assassin.

Abschied will das Bild verheißen;
Moos‚ das sonst nur westlich späht‚
Hat rundum den Stamm mit Schneisen
Übertüncht‚ von moderweißen
Flechtenschleiern mild umweht.

Morsch der Ast ist‚ an dem senkte
Runenweisheit sich ins Herz.
Weit‚ weit fort ging der Gehenkte.
Wohin er die Schritte lenkte‚
Weiß die Krone; schattenwärts.

Nichts! kein Wunsch nach neuem Reifen
Keimt im dunkelnden Myzel;
Sporenflug in engen Schleifen
Über Wurzeln kreist‚ die greifen
Schon ins Nebelhaar von Hel.

Abendwind will noch betunken
Golden alle Zweige‚ als
Sänge letztmals er bewunken
Von den Sommern‚ farbentrunken‚
Feierlieder des Verfalls.

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