Die Ursachen des Deutschenhasses (Wilhelm Castun)Nachdem in den neunziger Jahren vom »Ende der Geschichte« schwadroniert wurde hat sich inzwischen herumgesprochen daß die alten Fragen von Macht und Rolle der Nationen immer wieder neu gestellt werden müssen. Für uns als Deutsche heißt dies daß sich die »deutsche Frage« 1990 nicht etwa in allgemeines Wohlgefallen aufgelöst hat.
Viele Jahre war alles Nachdenken über das Deutsche reflexartig mit dem zweiten Weltkrieg verknüpft. Seit einiger Zeit gerät die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts der erste Weltkrieg wieder stärker in den Blick. Eine Neubewertung scheint überfällig.
Argumente die man gegen den Nationssozialismus ins Feld führt greifen beim deutschen Kaiserreich nicht. Das deutsche Reich war ein Rechtsstaat das politische Mischsystem außerordentlich populär es galt als als vorbildlich in Toleranz und Minderheitenpolitik und vielen in aller Welt als das fortschrittlichste Gemeinwesen überhaupt. Einkreisung und schließliche Zerschlagung erscheinen vor diesem Hintergrund schwer nachvollziehbar.
Während des Krieges gab es in Deutschland eine reiche Diskussion auf hohem Niveau worher denn der Deutschenhaß käme der seit Kriegsbeginn unüberhörbar wurde. Gründliche Denker stimmten darin überein daß dieser nicht allein aus der Propaganda einer Machtelite erklärbar sei jede Propaganda braucht Rezeptoren an die sie andocken kann. Was ist also am deutschen Wesen so hassenswert?
Max Scheler als Halbjude Soziologe und Neukantianer tief in der Widersprüchlichkeit des Denkens dieser Zeit wurzelnd macht in seiner Analyse Attribute und Mißverständnisse deutlich die auch heute real wirksam sind und das gedeihliche Zusammensein von Deutschen und Nichtdeutschen behindern. Er macht deutlich daß deutsches Wesen konträr zu westlichem Freiheits- und Demokratieverständnis steht. Für Deutsche gilt der evangelische Grundsatz daß das Gutsein also die gute Tat freimache innerlich und dann auch äußerlich. Deshalb muß der Deutsche das liberalistische Glaubensbekenntnis ablehnen das Fehlen äußerer Beschränkungen mache die Menschen besser. Mit dieser Prämisse verteidigt Scheler den vielgeschmähten preußischen Militarismus diese soldatische Einstellung sei in keiner Weise menschenfeindlich sondern ein Hochhalten der Pflicht eine Schule der Ordnung eine Verpflichtung zum Gemeinnutz und Demut vor Gott. »Bürgerrechte« die den einzelnen der Gemeinschaft entfremden sind in dieser Freiheitskonzeption nachgeordnet.
Allerdings kritisiert die Schrift auch die Deutschen. Nach den Höhenflügen der Klassik haben sie ihr faustisches Sich-nie-genug-tun-Können ganz auf die praktische Ebene verlagert und dabei die Endlichkeit der Welt vergessen oder anders ausgedrückt die Frage ob die unendlich vielen Dinge die deutscher Fleiß produziert überhaupt jemand brauche oder ob sie nicht wenn sie fremde Länder überschwemmen ganze Branchen zerstören und Menschen brotlos machen. Er kritisiert nicht den Heldenmut der Deutschen sondern den Umstand daß dieser dem Kapitalismus verfiel der ihm eigentlich tief innerlich widerspricht und zuwider ist.
Die Nachkriegs-Umerzieher haben richtig erkennt daß im deutschen Wesen eine Kraft schlummert die dem angloamerianischen Totalitarismus des Geldes entgegengesetzt und gefährlich ist. Deshalb haben Sie die Tugenden Treue Disziplin und Opferbereitschaft als dämonisch und schlimpflich denunziert. Als hilfreich erwies sich dabei ein vorübergehender Wohlstand auf Pump. Max Schelers Analyse der deutschen Seele und der Strategien ihrer Feinde ist hochaktuell. Sehr gut beobachtet sind auch die Trotzreaktionen des Deutschen der mißverstanden und angegriffen Unsicherheit zeigt die mangelnder Souveränität geschuldet ist. Dies führt dann sehr schnell zu Posen die unterstellte Laster wie etwa Größenwahn zu bestätigen scheinen. Im deutschen Wesen liegt etwas jünglingshaft Unfertiges. Dies ist eine große Hoffnung. Ein böswilliger Blick will das ausmerzen. Böswillig ist aber der Kapitalismus immer. Der Deutsche sollte sich hier keine Naivität leisten.
Scheler Max: Die Ursachen des Deutschenhasses. Eine nationalpädagogische Erörterung. 2015. 121 S. ISBN 978-3-944064-37-6 Arnshaugk Gb. 16– €
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