�ber den D�chern von Valetta
(Wolfgang Sch�hly)

Das als »Roman einer geistigen Heimkehr« untertitelte Romandebut von Ingrid Szabó handelt von den Verstrickungen dreier Personen‚ die während eines mehrwöchigen Aufenthaltes auf Malta eine Art spiritueller Wandlung vollziehen‚ die sich als Abkehr von einem rein materiell bestimmten Leben hin zu einer Suche nach wahrer Identität verstehen läßt.

Die Vorgeschichte bleibt größtenteils im Dunkeln‚ ein wenig hierzu sei rasch erzählt: Der ältere Signore‚ Geschäftsmann und Gelehrter‚ und Madame‚ seine jüngere Frau‚ beide seit nicht allzulanger Zeit ein leidenschaftliches Paar‚ befinden sich nach Jahren der wirtschaftlichen Prosperität‚ die ihnen ein luxuriöses Leben garantierte‚ in finanziellen Nöten. In Valetta‚ wohin sie sich zur Klärung ihrer Lage zurückgezogen haben‚ soll sich weisen‚ wie die Zukunft der beiden aussehen wird. Finanzielle Rettung verspricht der treue Geschäftspartner des Signore‚ Roberto‚ der mit einem ausgeklügelten‚ aber Kontaktnahme mit dem Drogenmilieu erfordernden Plan‚ aufwartet. Signore und Madame gehen auf einen Handel ein‚ den sie in ihrem Herzen nicht mittragen. Doch dann geschieht etwas Unerwartetes‚ sodaß sich neue Perspektiven öffnen. Mehr sollte zur Handlung nicht verraten werden.

Im Signore‚ in dem die Metamorphose zu einer geistigeren Existenz sich schon längere Zeit vollzogen hat‚ weswegen er seine Geschäftspflichten mehr und mehr vernachlässigt‚ zeigt sich der Charakter des Suchenden‚ Madame verkörpert die Weiblichkeit in bester Form‚ dazu Unternehmungslust und Gewitztheit. Roberto ist die treue Rechte Hand des Signore‚ der lange Jahre die Geschäfte für diesen abwickelte. Ungewollt‚ aber doch unvermeidbar‚ kommt es zur Eifersucht zwischen Roberto und Madame in bezug auf ihr Verhältnis zum Signore. Madame fühlt sich gekränkt‚ weil sie keinen Einblick in die geschäftlichen Angelegenheiten‚ die zwischen Roberto und dem Signore ausgemacht werden‚ erhält‚ Roberto‚ ein in der Liebe wenig erfolgreicher Junggeselle‚ empfindet Eifersucht gegen Madame.

Orte‚ die Malta-Reisende sicherlich wiedererkennen werden‚ bilden die Schauplätzen des Romans. Die oft intensiven Beschreibungen maltesischer Stätten und der wiederkehrende Blick über die Dächer von Valetta‚ der Hauptstadt Maltas‚ bilden einen Rahmen‚ der die oft nicht anders als kriminell zu bezeichnenden Handlungen in ein milderes Licht taucht. Maltesischer Wein‚ in die Handlung eingebundene Drogenerfahrungen und erotische Begegnungen des Signore und seiner Madame geben dem Roman so manchen Schwung.

Diese Dreiecksgeschichte zwischen den Geschäftspartnern Signore und Roberto‚ sowie der Liebesbeziehung zwischen dem Signore und seiner Madame ist verwoben mit unerfüllten Wünschen‚ Unausgesprochenem und doch letztlich einer spät eingestandenen Verantwortlichkeit zueinander. So bleiben auch nach der Einwilligung in einen kriminellen Handel im Untergrund der Akteure noch Kräfte am Werke‚ die‚ langsam aber sicher‚ eine Läuterung der Protagonisten herbeiführen‚ sodaß der Roman mit dem Ausblick auf einen geplanten Neubeginn der drei in Italien ausklingt. Mag auch der aufgezeigte Neubeginn‚ obschon unerwartet‚ für manchen Geschmack etwas zu bürgerlich daherkommen‚ so führt die Tatsache‚ daß die Protagonisten wieder füreinander Verwantwortung empfinden und gemeinsam eine Lösung ihrer Existenzprobleme erstreben‚ zu einem befriedigenden Ende. Alles in allem ein flüssig geschriebenes Werk‚ das die kriminalistisch-realistische Handlung und eine mystische Suche des Signore nach seinem früheren Leben gleichwertig vorträgt‚ wobei ein Hauch von »realismo mágico« mitschwingt.

Ingrid Szabó: Über den Dächern von Valetta. Roman. 2014. 169 S. ISBN 978-3-941094-18-5. Telesma Verlag‚ Kt. 16‚80 €

Zum Inhaltsverzeichnis der Zeitschrift