Das Tafelgeschäft
(Dieter Wolf)

Voller Freude fuhr ich mit meinem alten Fahrrad den Berg hinab‚ getragen von der Hoffnung‚ an diesem Tag etwas Heilsames gegen die moderne Ungeduld unserer Zeit und ihre fatalen Folgen unternehmen zu können. Wenn man eine Wahrheit erkannt hat‚ so soll man ja am besten bei sich selbst beginnen‚ um veränderungswürdige Dinge ins rechte Licht zu rücken und sie schließlich zu ändern. Zugegeben‚ Fahrradfahrer neigen immer zu gefährlichem Denken‚ schließlich fahren sie nicht Rad‚ um Kompromisse mit der Harmlosigkeit zu schließen. Einen Berg hinabzurollen und auf der anderen Seite des Tales wieder hinauf ist im Grunde eine tiefgehende philosophische Handlung. Es ist ein Selbstversuch darüber‚ zu erfahren‚ wie es ist‚ wenn es abwärts geht‚ und wie‚ wenn es aufwärts geht. Die meisten freuen sich‚ wenn es abwärts geht. Alles‚ was mühelos erscheint‚ führt in den Abgrund. Und alles Unglück rührt daher‚ daß man die Dinge nicht zu Ende denkt. So ist es ja zunächst auch die notwendige Pflicht eines Arztes‚ sich mit allem zu vergiften‚ was er später seinen Patienten zu verordnen gedenkt. Schließlich sind viele Ärzte oft gefährlicher als die Krankheiten‚ die man hat. Unten lag die schöne Stadt Nordhausen.‚ und obgleich sie auf einer Ebene lag‚ ging es dennoch in ihr abwärts. Ich hatte in der Woche zuvor bei meiner Bank angerufen und um einen Termin gebeten. Als die freundliche Frau am Telefon mich fragte‚ worum es sich handele‚ antwortete ich ein Tafelgeschäft abschließen zu wollen. Sie fragte mich‚ wann ich kommen wolle‚ und ich sagte ihr‚ bei schönem Wetter um zehn. Heute nun war schönes Wetter und mit einer gewissen Leichtigkeit näherte ich mich der Bank‚ denn auf meinem Gepäckträger befand sich lediglich ein Schuhkarton. Ein Mann muß sich dorthin aufmachen‚ wo die nächste Seite seines Lebens geschrieben wird‚ und am allerbesten ist es natürlich‚ wenn er sie selber schreibt‚ und zwar dort‚ wo er will. Ich hatte den Eindruck gewonnen‚ die Bank habe zu sehr in mein Leben eingegriffen. Natürlich waren es die Metamorphosen der Finanzindustrie insgesamt‚ die mich beunruhigten‚ mein Kontostand betrug lediglich 29‚50 Euro‚ es ging mir also sozusagen um das Prinzip‚ die Zahlenalchimie des 21. Jahrhunderts‚ die ausufernde Melancholie in der Bevölkerung‚ die Masochistenkartelle‚ war ich doch ein Freund hellerer Tonarten und fühlte mich durch die immer dunkler werdenden Mißklänge gestört. Auf dem Mitarbeiterparkplatz der Bank stand ein Mercedes SLK Coupé mit offenem Verdeck. Ich parkte mein Fahrrad ordnungsgemäß auf dem Kundenparkplatz‚ nahm den Schuhkarton vom Gepäckträger und ging in die Bank. Am Schalter sagte ich‚ wegen des angekündigten Tafelgeschäftes gekommen zu sein. Sogleich wurde ich in einen separaten‚ anscheinend schalldichten und mit Panzerglas versehenen Raum geführt. Ein etwa Mitte dreißig Jahre alter‚ sportlich wirkender Mann erhob sich von seinem Schreibtisch. Er trug einen schwarzen Nadelstreifenanzug‚ eine rote Krawatte mit goldener Krawattennadel‚ die mit einem Diamanten versehen war‚ und schwarze Lackschuhe. Er trat drei Schritte auf mich zu‚ lächelte freundlich und gab mir die Hand‚ wobei mein Blick unwillkürlich auf seine Rolex-Uhr fiel. Ich glaubte‚ eine gewisse Überraschung in seinem Gesicht zu erkennen‚ er starrte auf den Schuhkarton unter meinem Arm und dann auf die Fahrradklammer an meiner Hose. An einer Wand hingen surrealistische Bilder‚ bei deren Betrachtung ich dachte‚ eigentlich müßte er ja an schiefrunde Situationen gewöhnt sein. »Setzen Sie sich doch«‚ sagte er und deutete auf eine Sitzgruppe mit schwarzem Lederbezug. Ich setzte mich auf das Sofa‚ dort hatte auch mein Schuhkarton genügend Platz‚ und er setzte sich in einen wuchtigen Sessel. »Kompliment‚ Kompliment‚ Herr Schröter«‚ eröffnete er das Gespräch‚ »wenn Sie mit einem Porsche Panamera hier vorgefahren wären und einen fünftausend Euro teuren geschneiderten Armani-Anzug tragen würden‚ dann hätten wir Ihnen den Sechsmillionenkredit gewiß nicht gewährt‚ und ich sehe‚ Ihre Sicherheiten tragen Sie in diesem Karton bei sich‚ wie praktisch‚ so sparen Sie auf einfache Weise auch noch die Kosten für den Sicherheitsdienst. Gewiß haben Sie sich auch schon ein Codewort für Ihr Schließfach überlegt!« Ich schüttelte den Kopf. »Nun‚ kein Problem‚ Herr Schröter‚ wie wäre es mit Gestirnsumlauf‚ Rosenstock oder Übungsgerät?« Ich schüttelte abermals mit dem Kopf und entgegnete: »Sie müssen sich entirren‚ es sei denn‚ es handelt sich um die verdeckte Vision‚ ich bräuchte nicht nur ein Codewort‚ sondern auch einen neuen Namen. Ehrlich gesagt‚ Schröter wollte ich noch nie heißen!« Erschrocken holte er seine Lesebrille aus der Innentasche seines Jacketts und schaute auf eine Liste. Dann stürzte er wortlos hinaus. Im Leben ist man immer an ein Rad von Problemen gebunden und mir kam in den Sinn‚ das Hinterrad meines Fahrrads verlor Luft. Früher hatte ich es alle zwei Wochen aufpumpen müssen‚ inzwischen schon alle drei Tage‚ nun ja‚ es war eben alt. Dann entdeckte ich die Visitenkarten auf dem Schreibtisch. »Holbein« las ich und dachte mir‚ wenn man so heißt‚ dann hat man es unter Umständen auch nicht leicht. Aber was gab es heutzutage nicht alles für Namen! Die Tür öffnete sich und eine Bankangestellte mit Tränen in den Augen kam herein‚ sie trug ein Tablett mit gefüllten Kaffeetassen‚ einem Kännchen Milch‚ Zucker und Keksen. Sie würdigte mich keines Blickes‚ starrte nur auf den Teppichfußboden‚ stellte das Tablett auf den Glastisch vor der Sitzgruppe ab und ging wieder hinaus. Ich stellte mir vor‚ wie Holbein in einem anderen Raum des Bankgebäudes vor einer Staffelei stand und an einem Ölgemälde malte. Bevor ich mir aber in Ruhe vorstellen konnte‚ woran er möglicherweise malte‚ kam er schon wieder zurück. »Es tut mir schrecklich leid«‚ sagte er‚ »aber auf meinem Blatt stand: Zehn Uhr‚ Herr Schröter. Darf ich fragen‚ wie Ihre Terminangaben lauteten‚ im Office muß irgend etwas schief gelaufen sein. »Um zehn‚ bei Sonnenschein«‚ antwortete ich. Verdutzt fragte er: »Könnten Sie mir Ihre Kontonummer nennen?« »Ja. 15913261014371115481216.« Mir schien‚ seine Gesichtsfarbe glitt ins Aschfahle. »Neunundzwanzigfünfzig«‚ rief er. Nach Möglichkeit die entstandene Situation nutzen wollend sagte ich: »Bevor wir zum Geschäft kommen‚ ich möchte meinen Überziehungskredit von eintausend Euro löschen lassen‚ ich benötige ihn nicht‚ ich habe ihn bis auf ein einziges Mal nicht benötigt‚ aber ich muß ständig dafür Bereitstellungszinsen zahlen. Also löschen Sie ihn!« Holbein klapperte kurz auf seiner Computertastatur herum und dann sagte er: »Gelöscht.« Nun tranken wir Coffee. Unablässig starrte Holbein auf den Schuhkarton‚ wie auf eine Frau mit zu kurzem Rock. Um das Gespräch wieder in Gang zu setzen‚ sagte ich: »Der Bankensektor befindet sich auf einer Expedition ins Unverhältnismäßige‚ es handelt sich um eine Orgie an Eigensinn und Kleptokratie. Ich möchte‚ daß Sie mein Geld auf gesonderte Weise verwalten. Ich habe Ihnen etwa 70 % meines gesamten Barbestandes in diesem Karton mitgebracht: sechshundertzwanzig Euro in Scheinen‚ vier Euro und zwanzig Cent in Münzen‚ dreißig Mark Notgeld der Stadt Nordhausen in siebenundzwanzig Scheinen‚ dreißig Mark der DDR und fünfzig Pfennige‚ zwanzig Deutsche Mark in zwei Scheinen und fünfzig Pfennig‚ siebzig Reichsmark‚ einen Taler‚ fünfzig Millionen Reichsmark aus der Inflationszeit‚ bestehend aus einem Schein‚ einhunderttausend italienische Lire‚ bestehend aus einem Schein. Des weiteren befinden sich im Schuhkarton eine alte Schiefertafel und ein Stück Kreide‚ darauf können Sie alle Veränderungen meines Kontostandes vermerken‚ und zweimal im Jahr komme ich nachschauen‚ was auf der Tafel steht‚ ich hoffe‚ Ihr Schreibtisch ist abschließbar!« Mißtrauisch sah er mich an‚ stöhnend sagte er: »Und deswegen bin ich nun extra heute Morgen von Göttingen in den sich enthausenden Norden gekommen.« Gebückt schlich er zum Schreibtisch‚ zog eine Flasche Weinbrand hervor‚ stellte zwei Gläser auf den Tisch und goß ein. »Ich nehme an‚ Sie wissen‚ ein Tafelgeschäft ist eine Form des Handkaufs im Wertpapierhandel‚ bei dem der An- bzw. Verkauf von Wertpapieren zwischen Kreditinstituten und Kunden unmittelbar durch Aushändigung der Wertpapiere gegen Barzahlung oder Überweisung erfolgt!« »Herr Holbein‚ wollen Sie etwa andeuten‚ die Papiere in meinem Schuhkarton seien wertlos? Hätte ich das Tafelsilber meiner Großmutter mitbringen sollen? Alle Banknoten tragen die Unterschriften honoriger Personen!« Der Weinbrand schmeckte angenehm rauchig. »Wissen Sie«‚ sagte er‚ »ich war über zwei Jahre in London‚ dort haben wir abends Whisky mit Goldstaub getrunken‚ das Glas für umgerechnet vierhundert Euro‚ sechs oder sieben Gläser am Abend waren die Regel‚ ich fuhr einen Jaguar und hatte ein Apartment. Früh um vier zogen wir ein paar Linien Kokain‚ um wieder fit zu werden und so weiter und so weiter. Ich erspare es mir‚ von den Frauen zu reden‚ das Leben war teuer und irgendwann war es vorbei.« »Lassen Sie den Kopf nicht hängen‚ Herr Holbein‚ Monopolismus führt immer am Ende zum Delirium. Auch Banker sind am Ende nur Schiffbrüchige‚ die glaubten‚ dem Meer Bedingungen stellen zu können. Manche versuchen sogar‚ während sie untergehen‚ das Meer trockenzulegen. Herr Holbein‚ ich bin heute auch gekommen‚ um einen Kredit aufzunehmen‚ zu Bedingungen wie für manche portugiesische Staatsanleihen. Natürlich ist mir klar‚ Sie haben hier andere Bedingungen als die Europäische Zentralbank‚ aber ich weiß‚ Sie sind stets auch befugt‚ Ausnahmen zu genehmigen. Heute ist der 17. Juni 2011. Ich bin mit einer Kreditsumme von einhundertzwanzigtausend Euro einverstanden. Dies ist eine redliche Summe‚ wenn ich Ihre überzogenen Kontoführungsgebühren zusammenzähle‚ die Gewinne‚ die Ihre Bank mit meinem Kapital erzielt hat‚ schließlich befanden sich über viele Jahre zirka achtzigtausend Euro Sparguthaben auf meinem Konto‚ abgesehen von den letzten beiden Jahren‚ in denen ich dieses Konto kaum noch genutzt habe. Eigentlich haben sich‚ wenn wir ehrlich teilen würden‚ insgesamt über 248 Tausend Euro angesammelt‚ und zwar als Gewinn. Ich würde Ihnen also viertausend Euro zusätzlich als Bonus überlassen und mich auf einhundertzwanzigtausend Euro beschränken und dafür aber die Summe nachher‚ wenn wir uns über die Bedingungen geeinigt haben‚ auch gleich in bar mitnehmen. Ich muß an meinem Haus die Fenster erneuern‚ das Dach soll umfassend repariert werden‚ eine neue Heizung eingebaut werden‚ wichtig ist auch‚ einige Wände zu isolieren‚ fast hätte ich die Dachrinnen vergessen‚ die müssen erneuert werden. Wie gesagt‚ der Kreditvertrag ist in ähnlicher Weise wie Kreditverträge über bestimmte portugiesische Staatsanleihen zu gestalten. Wenn Sie in London waren‚ dann kennen Sie sich doch aus. Der Kredit ist in voller Summe zurückzuzahlen am 31. 12. im Jahre 9999.« Holbein goß eine weitere Runde Weinbrand ein. Und so ergänzte ich: »dieser kleine Unterschied im Gegensatz zu anderen Kreditverträgen ist von geringem Belang‚ weil in unserer derzeitigen Situation Unterschiede letztlich keinen Unterschied mehr machen. Die ganze Welt ist im Umbruch‚ selbst auf das Unglück ist kein Verlaß mehr. Das Extreme‚ das Andere und das ganz Andere sind dabei‚ zu Nullsummenspielen zu werden. Unser Esperantogeld wird sich in Rauch auflösen. Etwas Neues bricht sich Bahn!« Holbein sah verwundert herüber‚ dann tranken wir die Gläser auf einen Zug leer. Schließlich sagte er: »In Häusern zu wohnen führt immer zu Verwöhnungen. Wenn Sie nicht in einem Haus lebten‚ dann bräuchten Sie auch keinen Kredit. Dies ist also auch eine Angelegenheit der Vitalität‚ der Souveränität des Lebens. Warum leben Sie nicht im Wald?« Ich antwortete: »Ich lebe im Wald‚ auf einer Lichtung‚ in einem Haus. Lichtungen laden ein zur Verhäuslichung‚ zum Gewahrwerden der Welt vom Fenster aus.« »Sehen Sie«‚ sagte er triumphierend‚ »zu den grundlegenden Aufgaben einer Bank gehört die freiwillige Aufsicht über freiwillige Hausbewohner keinesfalls‚ nur‚ wenn es sich rentieren könnte. Bestandsgarantien sind eine Frage der Rendite.« Ich entgegnete: »Unfreiwillig teile ich ein Stück weit Ihre Meinung. Es ist ein klassisches Phänomen‚ die großen Denkenden waren in der Geschichte in ihrer Überzahl verarmt‚ selten wohlhabend‚ die Vitalen hingegen droschen leeres Stroh und wurden hierdurch reich. Insofern ist der Lebensstandard durchaus eine Frage der Vitalität. Im Bankensektor hat man gelernt‚ aus Stroh Gold zu spinnen‚ aber nur in einer virtuellen Weise. Eine gewaltige Illusionsmaschinerie ist so entstanden‚ doch mit zunehmendem geistigen Leerlauf. Weder gehöre ich zu den großen Denkern‚ noch zu den Idioten‚ die nur an sich denken‚ aber ich komme nicht darum herum‚ mein Dach reparieren zu müssen. In einer Republik ist dies ja möglich‚ aber in einer Oligarchie‚ in der die Politik in die Geiselhaft der Finanzindustrie gelangt‚ wird dies zum Problem. Geldscheine sind inzwischen nichts weiter als Zahlenbilder für erwünschte Illusionen. Die Zinsknechtschaft ist die Tochter aller Fanatismen. Städte und Dörfer‚ ganze Länder und Völker sind in einem Zustand‚ als ob sie schliefen und gerade erwachten. Banker sind Zentralisten‚ und Zentralisten sind Händler von Weltformeln‚ die sich am Ende noch immer verrechnet haben.« Ich nahm die Weinbrandflasche und goß uns neu ein. »Wissen Sie‚ Herr Holbein‚ Hans Holbein der Jüngere hatte ja noch Geschmack‚ er schuf 1532 das Bildnis des Kaufmanns Georg Gisze‚ dies war ein Kompliment an den Mittelstand. Er schuf zudem 1526 das Gruppenporträt der Familie Thomas Morus. Thomas Morus‚ dieser bedeutende Politiker‚ Staatstheoretiker und Humanist wurde am 6. 7. 1535 in London enthauptet‚ nur‚ weil er seinen Prinzipien treu blieb‚ weil er eine auf Gemeineigentum aufgebaute Gesellschaft für sinnvoll hielt. Ich räume ein‚ natürlich war auch er im Denken seiner Zeit gefangen wie wir es heute sind‚ aber er hatte wenigstens Charakter! Heute findet man so etwas nicht mehr‚ wo man auch hinschaut‚ fast das ganze Pack scheint gekauft zu sein!« Holbein nickte. Dann sagte er: »Nur so konnte es kommen‚ so wie es gekommen ist. Aber nun ist es eben so wie es ist. Was nützt es schon‚ alle Hintergründe zu kennen? Nichts!« Holbein nahm meinen Schuhkarton und schloß ihn in seinen Schreibtisch ein. Die zweite Flasche Weinbrand tranken wir nicht mehr ganz aus. Eine Angestellte kam und brachte eine Tüte mit einhundertzwanzigtausend Euro. »Wollen Sie nachzählen?« fragte sie. Ich winkte ab‚ nahm die Tüte‚ wankte an Holbein vorbei und verließ die Bank. Die Tüte klemmte ich auf den Fahrradgepäckträger und fuhr nach Hause. In der Tüte war ein Riß‚ den ich nicht bemerkt hatte‚ nur ein einzelner Schein befand sich noch in ihr‚ als ich angekommen war. Immerhin hatte ich eine Spur gelegt. Wanderungen durch die Stadt und die Umgebung sind seitdem äußerst attraktiv geworden‚ so habe ich gehört. Schwebende Scheine sind flüchtig wie die Zeit‚ wie schwebendes Denken‚ welches seinen Zielpunkt nicht kennt. Was schwebt gerät zwischen die Sprachen‚ die Vorstellungen‚ die Ideen. Das ganze Leben ist ein Schwebezustand. Alles‚ was aufhört zu schweben‚ verrottet‚ um neu geboren zu werden und wieder zu schweben. Zahlenmäßig gesehen gibt es mehr Schwebendes als es Worte hierfür gibt. Mir schwebt vor‚ Holbein noch einmal zu besuchen‚ weil auch er ahnt‚ das Schwebende hat mit dem Endlichen kein gemeinsames Maß. Zudem will ich sehen‚ was auf der Schiefertafel steht. Ich habe Lust zu einem zweiten Tafelgeschäft. Ich rufe in der Bank an und sage‚ es handele sich um ein Tafelgeschäft und ich käme bei schönem Wetter um zehn. Ich nehme meinen Freund Gerhard mit‚ der hat einen Lastwagen. Wir laden die Sitzgruppe auf den Lastwagen‚ sämtliche Weinbrandflaschen und die lange Tafel‚ die ich im großen Konferenzraum gesehen habe. Wir bauen den Motor von Holbeins Mercedes SLK aus und rüsten ihn um als Pumpenaggregat zur Bewässerung der Felder. Ohne Motor sieht der Wagen immer noch schön aus. Holbein bekommt dafür den Hunderttausend-Lire-Schein‚ dies ist großzügig genug. Die lange Tafel stellen wir auf die Waldlichtung. Jeder kann am Abend kommen und wir beraten‚ wie es weiter geht. Dann geht es um Sichtweisen‚ die sich im Kommen und Gehen der Gedanken verschieben. Worte sind allemal Schattengeschöpfe im Lichte des großen Wagens am Himmel. Ist auch die Zeit der wirklichen Weisen vorbei‚ die vom Dreifuß herab ihre Lieder sangen‚ so kann man doch klug genug sein‚ um nicht an sich selbst zu scheitern.

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